Unser digitales Erbe – und was wir dafür tun sollten

Daten bleiben – auch wenn wir es nicht tun

Nach dem Tod eines Menschen endet zwar sein Leben, aber nicht sein digitales Dasein. Ob E-Mail-Konten, soziale Netzwerke, Streaming-Abos oder Online-Shops: Fast jeder von uns hinterlässt im Internet eine Vielzahl von Spuren. Diese Daten können wertvoll, vertraulich oder sogar geschäftlich relevant sein – und sie stellen unsere Angehörigen im Erbfall oft vor große Herausforderungen. Denn der digitale Nachlass ist gesetzlich kaum geregelt und praktisch häufig schwer zu handhaben.

Was gehört eigentlich zum digitalen Nachlass?

Der digitale Nachlass umfasst sämtliche Daten und Online-Konten, die mit einer Person in Verbindung stehen. Dazu zählen unter anderem:

  • E-Mail-Konten (z. B. bei web.de, GMX oder Gmail)
  • Profile in sozialen Netzwerken (wie Facebook, Instagram, LinkedIn)
  • Clouddienste (OneDrive, Dropbox, Apple iCloud)
  • Abos und Mitgliedschaften (Netflix, Amazon Prime, Spotify)
  • Domainverwaltungen, Webseiten und Online-Shops
  • Onlinebanking-Zugänge, PayPal-Konten und Wallets
  • Software-Abos, z. B. für Microsoft Office oder Adobe

Diese Daten sind nicht nur privat – sie können auch wirtschaftlichen oder emotionalen Wert haben. Und genau deshalb sollte man rechtzeitig festlegen, was damit nach dem Tod geschehen soll.

Rechtliche Lage: Zwischen Grauzone und Präzedenzfällen

Auch wenn der Bundesgerichtshof in einem aufsehenerregenden Urteil die Vererbbarkeit von Facebook-Konten bestätigt hat, herrscht bei vielen Plattformen nach wie vor Unsicherheit. Das Berliner Kammergericht hatte in einem vielbeachteten Fall zunächst Eltern den Zugang zum Account ihrer verstorbenen Tochter verweigert. Erst in der Revision stellte der BGH klar: Auch digitale Inhalte unterliegen grundsätzlich der Erbfolge.

Das klingt gut – hat aber einen Haken: Selbst wenn die Erben rein rechtlich Anspruch auf die Daten haben, fehlen ihnen meist die Zugangsdaten. Viele Anbieter verweigern eine Herausgabe ohne Passwörter, andere wiederum bieten gar keine sinnvolle Lösung für Todesfälle an.

Was kann man selbst tun?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den eigenen digitalen Nachlass zu regeln. Welche am besten passt, hängt von den persönlichen Bedürfnissen und technischen Kenntnissen ab.

1. Passwortliste (analog oder verschlüsselt)

Die einfachste Methode ist, alle Zugangsdaten schriftlich zu erfassen – idealerweise in einer regelmäßig aktualisierten Liste. Diese kann entweder sicher zuhause aufbewahrt oder im Bankschließfach hinterlegt werden. Alternativ kann man die Datei digital speichern und verschlüsseln. Wichtig ist in jedem Fall: Die Erben müssen wissen, wo die Liste liegt und wie sie ggf. entschlüsselt werden kann.

2. Digitale Nachlassverfügung in der Vorsorgevollmacht

Auch in rechtlichen Dokumenten wie der Vorsorgevollmacht oder im Testament kann festgelegt werden, wer nach dem Tod Zugriff auf welche Konten haben soll. Eine solche Regelung kann die spätere Abwicklung erheblich erleichtern und Rechtsklarheit schaffen.

3. Interne Anbieterfunktionen nutzen

Einige Plattformen bieten eigene Tools an: Bei Facebook oder Instagram kann eine „Nachlasskontaktperson“ hinterlegt werden. Google bietet einen sogenannten „Inactive Account Manager“, mit dem man die Verwaltung automatisieren kann. Solche Funktionen werden jedoch oft übersehen – und sind meist tief in den Einstellungen versteckt.

4. Kommerzielle Anbieter beauftragen

Es gibt spezialisierte Dienste wie LastHello oder Memoresa, die sich um die Organisation und Sicherung des digitalen Nachlasses kümmern. Sie bieten strukturierte Möglichkeiten, Zugangsdaten zu hinterlegen, Nachrichten für Angehörige zu speichern oder automatische Löschungen auszulösen. Aber: Diese Angebote kosten Geld – und niemand kann garantieren, dass solche Plattformen auch langfristig bestehen bleiben.

5. Testamentsvollstrecker nur für digitale Belange

Wenn man besonders vertrauliche Daten absichern möchte oder gezielt verhindern will, dass Angehörige bestimmte Inhalte sehen, kann auch ein Testamentsvollstrecker nur für den digitalen Nachlass bestimmt werden. Dieser kann mit der Löschung oder Verwaltung bestimmter Konten betraut werden – muss aber natürlich ebenfalls die Zugangsdaten kennen oder anderweitig Zugriff erhalten.

Fazit: Vorausschau ist Fürsorge

Unser digitales Leben ist längst Realität – und es endet nicht mit dem Tod. Wer seinen Angehörigen unnötige Probleme ersparen und selbst Kontrolle über seine Daten behalten möchte, sollte den digitalen Nachlass nicht auf die lange Bank schieben. Je früher Sie sich kümmern, desto klarer und reibungsloser wird es später – für alle Beteiligten.

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